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Physischer Briefkasten für Whistleblower - Vor- und Nachteile

Inhalt




Allgemein


Schriftliche Meldungen können in physischer Form abgegeben werden, bspw. über einen Briefkasten. Bei dieser Variante werfen Hinweisgebende ihre Hinweise in den Briefkasten ein. Wie diese Hinweise aufgebaut sind und ob Hinweisgebende ihren Namen auf dem Schriftstück anführen, bleibt den Hinweisgebenden überlassen.

Bei schriftlichen Meldungen ist gem. § 9 Abs 1 HSchG eine Empfangsbestätigung an Hinweisgebende zu übermitteln. Der Briefkasten sollte daher entsprechend oft geleert werden, um diese Frist nicht zu gefährden. Werden Briefkästen unregelmäßig geleert, ist das Datum des Einwurfs nicht genau bekannt. Weiters sind Hinweisgebenden innerhalb von drei Monaten Informationen zur Bearbeitung der Hinweise zu übermitteln, und dies gilt auch bei physischen Meldungen über einen Briefkasten (vgl. § 9 Abs 9 HSchG).


Briefkasten interner Meldekanal Whistleblowing

Der Betreiber des Briefkastens hat nur bedingten Einfluss auf die Form, in der Meldungen abgegeben werden. Hinweisgebende entscheiden, welche Informationen sie übermitteln, da ggf. keine Strukturen für die Meldung vorgegeben werden. Wird ein Formular mit einer vorgegebenen Struktur und weiterführenden Informationen vom Betreiber zur Verfügung gestellt, können Hinweisgebende dieses verwenden und die Meldungsqualität kann erhöht werden.

Dateien können nur bedingt über den Briefkasten von Hinweisgebenden übermittelt werden. Es könnten Speichermedien, wie USB-Sticks, in den Postkasten eingeworfen werden. Dies sollte jedoch nur in einem Kuvert gemeinsam mit der Meldung erfolgen, damit das Speichermedium auch der richtigen Meldung zugeordnet werden kann, sollten sich mehrere Hinweise im Briefkasten befinden.

Obwohl die Abgabe eines Hinweises durch Einwurf einfach erscheint, können jedoch Hürden für die Hinweisgebenden bestehen. Hinweisgebende müssen ihre Meldungen vorbereiten, also per Hand schreiben oder ausdrucken, bevor sie abgegeben werden kann. Weiters kann der Ort des Briefkastens Einfluss auf die Bereitschaft zur Meldungsabgabe haben. Wird der Briefkasten bspw. gegenüber der Rezeption oder in der Kantine aufgehängt, würden andere Beschäftigte den Einwurf beobachten und die Identität der Hinweisgebenden wäre offengelegt. Daher sollte genau überlegt werden, wo die Einwurfmöglichkeit für Hinweise angebracht wird, da sie ggf. den Schutz der Identität von Hinweisgebenden gefährden könnte.



Vorteile

  • Einfach einzurichten

  • Geringe Implementierungskosten


 

Nachteile

  • Kommunikation mit Hinweisgebenden nur über zusätzliche Methoden, als den Briefkasten, möglich, bspw. E-Mail, Telefon oder persönlich

  • Keine Kommunikationsmöglichkeit bei anonymen Meldungen

  • Zeitverzögerung, da Briefkästen ggf. nicht regelmäßig geleert werden

  • Digitalisierung der Meldungen ist aufwändig

  • Einhaltung der Datenschutzrechte kann sich aufwendig gestalten


Manueller Aufwand im Betrieb

Der manuelle Aufwand im Betrieb des Briefkastens wird als mittel eingestuft.


Nach der Abgabe der physischen Meldung im Briefkasten müssen Hinweisbearbeiter die Hinweise digitalisieren (z.B. einscannen), um sie auf zentralen und gesicherten Laufwerken ablegen zu können. Weiters ist der physische Hinweis, zumindest für eine gewisse Zeit, ebenso abzulegen.

Datenschutzrechtliche Vorgaben (z.B. Anonymisierung oder Löschung von personenbezogenen Daten) müssen in elektronischen und physischen Unterlagen umgesetzt werden. Hier wären bspw. personenbezogene Daten auf physischen Hinweisen manuell zu schwärzen und zusätzlich in den elektronischen Aufzeichnungen.

Die Dokumentation der Hinweisbearbeitung muss in einem anderen System oder auf einem anderen Laufwerk erfolgen, da der Briefkasten hierzu keine Möglichkeit bietet.

Von den Betreibern des Briefkastens sind Prozesse zur vertraulichen Behandlung der Meldungen bzw. der Identität der Betroffenen und zur Gewährleistung der Integrität der Daten zu implementieren. Hierfür sind bspw. Laufwerke mit eingeschränktem Zugriff einzurichten, wo die Daten zur Hinweisanalyse abgelegt werden, oder in jeder Kommunikationsform mit Hinweisgebenden, deren Identität zu schützen ist. Je mehr Tools dafür verwendet werden, desto weiter verbreiten sich die vertraulichen Daten und die Übersicht, wo sich vertrauliche Informationen befinden, kann verloren gehen., insbesondere wenn die Beauftragten wechseln. Ebenso gestaltet sich das Speichern der Daten an verschiedenen Orten für die Einhaltung der Datenschutzrechte als sehr aufwändig.

Der erhebliche manuelle Aufwand führt zu hohen personellen Kosten, abhängig davon, wie viele Hinweise einlangen.


Kosten

Die Kosten für die Anschaffung sind als gering einzustufen, da lediglich ein physischer Briefkasten angeschafft werden muss. Für den physischen Meldekanal selbst gibt es keine laufenden Kosten (keine Lizenz- oder Wartungskosten).


Fazit


Über einen physischen Briefkasten kann keine effiziente Kommunikation mit Hinweisgebenden erfolgen, hierfür muss auf andere Kommunikationswege ausgewichen werden. Eine Kommunikation ist auch nur möglich, wenn Hinweisgebende Name und/oder Kontaktdaten auf dem abgegebenen Hinweis angeben.

Die Struktur der abgegebenen Hinweise obliegt den Hinweisgebenden und kann nur schwer vereinheitlicht und effizient gestaltet werden.

Obwohl die Kosten hier gering ausfallen, ist der manuelle Aufwand bei der Hinweisbearbeitung, auch im Hinblick auf die Einhaltung von gesetzlichen Vorgaben, nicht zu unterschätzen und kann sehr hoch ausfallen. Die Umsetzung datenschutzrechtlicher Bestimmung kann sich aufwändig gestalten.


Weitere Informationen


Welche Vor- und Nachteile es bei anderen Arten von internen Meldekanälen gibt, erfahren Sie hier.


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